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Channel: Logistikbranche – ZF-Zukunftsstudie
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Gibt es eine neue Chance für Zeppeline?

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Wenn die Zukunft an die Tür klopft, geht es nicht immer leise zu. Manchmal ist auch ein gewisses Poltern nicht zu überhören. Und so vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Ideen zur Versendung und Optimierung von Lieferströmen auf die Menschheit niederprasseln. Diesmal war es Amazon mit der Zukunftsvision, den alt-ehrwürdigen Zeppelin in neue Sphären aufsteigen zu lassen.

Genau genommen in eine Höhe von über 14.000 Metern. Dort soll er als eine Art fliegendes Lagerhaus dienen, aus dem sich dann Drohnen versorgen können. Diese Idee ist kein Witz, denn Amazon hat sie sich in den USA sogar patentieren lassen.

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Geplante Einsatzweise des Zeppelins von Amazon

Klingt ganz schön futuristisch, oder? Veröffentlicht hat diese außergalaktische Vision das US-Technologie-Portal TechCrunch“ und wirbelt damit selbst den verstaubten Charme des Luftschiffs gänzlich in die Stratosphäre. Selbst die Höhe von über 14.000 Metern ist angeblich Teil dieser Amazon-Idee. Klingt auch irgendwie plausibel, denn die Luftschiffe dürfen ja den Passagierflugzeugen nicht in die Quere kommen.

Laut US-Patentschrift soll das fliegende Warenlager komplett von Computern gesteuert werden. Klar, wir bewegen uns in der Zukunft. Und um es mit Energie zu versorgen, steigen dann wiederum kleinere Luftschiffe auf.

Bei der Warenauslieferung selbst aber hält Amazon angeblich am Prinzip der Drohnen fest. Auf dem Weg zum Kunden könnten sie sogar die Gesetze der Schwerkraft nutzen. Das macht das ganze noch schneller. Ob diese Ideen nun völliger Blödsinn sind oder Amazon seine neueste Geschäftsidee tatsächlich umsetzen wird, ist offen. „TechCrunch“ hat den Patentantrag vorliegen und findet keinerlei Hinweise auf noch zu entwickelnde Technologien. Und Amazon selbst sagt nichts zu den riesigen Zeppelinen, die dann über unseren Städten kreisen und aus denen Drohnen die Menschheit mit Paketen und Waren versorgen.

Tatsächlich bewegen sich diese Ideen außerhalb der Vorstellungskraft und vielleicht sind sie auch nur ein cleverer PR-Gag. Aber Amazon ist immer für eine Überraschung gut. Die entscheidende Frage aber ist, ob sie technisch überhaupt möglich sind? Gehen wir also dort hin, wo der Zeppelin erfunden wurde.

Nach Friedrichshafen, wo Thomas Brandt Geschäftsführer der ZLT Zeppelin Lufttechnik GmbH & Co. KG ist und zusätzlich  die Luftschiffbau Zeppelin GmbH leitet. „Bis solche Pläne Wirklichkeit werden könnten, ist es noch ein weiter, weiter Weg. Nach dem heutigen technischen Stand fällt es mir schwer, an die Umsetzung zu glauben“, so der Diplom-Betriebswirt.

Problem ist nämlich, dass die Körper der Luftschiffe am Boden ein anderes Gewicht haben als in der Höhe. „Im menschlichen Kopf ist das fliegende Warenlager eine ganz tolle Idee. Praktisch scheitert sie aber an einer Spezifikation für das Helium-Gas-Management“, argumentiert Brandt. „Was gab es da nicht schon alles für tolle Ideen: Schwebende Hotels, schwebende Casinos. Und selbst mit den Cargo-Luftschiffen hat es nicht geklappt“.

Zur Erinnerung: 1996 wurde in Wiesbaden mit großer Euphorie die Cargolifter AG gegründet. In Brandenburg sollte ein Lastenluftschiff für bis zu 160 Tonnen schwere Fracht entwickelt, konstruiert und betrieben werden. Es folgte die Insolvenz! Den Entwicklern ging 2002 die Puste aus und das geplante Großluftschiff wurde nie gebaut!

Tatsächlich ist die ZLT Zeppelin Lufttechnik GmbH & Co. KG das einzige Unternehmen auf der Welt, das gewerblich Luftschiffe fliegt und schon dem Namen nach fest mit dieser Technologie verankert ist. Mit zwei Luftschiffen in Friedrichshafen und zwei in den USA. Thomas Brandt hat deshalb auch nur gelächelt, als er von den Amazon-Plänen gehört hat: „… schon wieder ein neues Projekt“.

Wie beurteilt der Luftschiff-Experte die Chancen auf eine Umsetzung? Oder ist am Ende alles nur heiße Luft? „Bislang hat sich bei uns niemand gemeldet. Eine Patentierung lässt aber eigentlich immer auf einen ernst zu nehmenden Gedanken schließen“, erklärt er. „Größtes Problem ist grundsätzlich das Hochbringen eines Luftschiffes und es oben stabil stationiert zu behalten“.

Ein Kubik Helium trägt ein Kilogramm. Und ging es bei den CargoLift-Gründern noch um 160 Tonnen, dürften die Amazon-Pläne noch viel ambitionierter sein. Der Zeppelin müsste also gigantische Abmessungen haben. Je mehr man sich mit den möglichen Details der Amazon-Patentierung beschäftigt, desto mehr Fragen kommen auf. Das gilt nicht nur für die angekündigten Liefer-Luftschiffe, sondern auch für das Andocken von Drohnen.

Aber vielleicht schaltet Amazon ja auch einen Gang zurück, denn das Unternehmen denkt angeblich auch darüber nach, Luftschiffe für die Versorgung von Großveranstaltungen wie Sportevents einzusetzen. Aber braucht man dazu unbedingt einen Zeppelin?

Autor: Norbert Böwing  //  Bild: United States Patent


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